Wunder von BernWM 1954/  Endspiel
 

 
 Deutschland im Endspiel 
  

"Deutschland im Endspiel der Fußballweltmeisterschaft - das ist eine Riesen- Sensation - das ist ein echtes Fußball- Wunder.", eröffnete Reporter Herbert Zimmermann seine Radioreportage vom Endspiel. Es ist  kein schöner, regnerischer Tag. Auf den Tribünen verzieren Regenschirme und Zeitungen die Häupter der Zuschauer. 

Doch die deutschen Schlachtenbummler stört dies wohl kaum: "Fritz- Walter- Wetter" bedeutet der Regen. Dennoch: die Vorzeichen sprechen eine eindeutige Sprache gegen die deutschen Kicker. 3:8 in der Vorrunde gegen Ungarn, Trainer Sepp Herberger hatte vor Spielbeginn, nachdem er den Rasen im Wankdorf- Stadion besichtigte, einen kleinen Autounfall und 39 von 40 Reporter- Kollegen, die Herbert Zimmermann vor dem Spiel befragt, sagen einen Sieg der Ungarn voraus... 

  
 Frühe Führung
  

Der Spielverlauf weist auf alles andere als auf ein Wunder hin. Erwartungsgemäß geht die damals weltbesste Mannschaft der Ungarn, oder um mit Herbert Zimmermann zu sprechen: "die Puszta- Söhne" in Führung. Ferenc Puskas- der "Major" erzielt bereits in der sechsten Spielminute die Führung, Czibor sorgt mit dem 2:0 zwei Minuten später für deren Ausbau. "Was wir befürchtet haben, ist eingetreten", so die traurige Feststellung von Herbert Zimmermann. Für die überaus favorisierten Ungarn läuft alles nach Plan und auch der neutrale Beobachter kann sich nicht des Eindruckes erwehren, daß alles wie vorausgesehen laufen sollte.

 

Doch die Mannschaft um Spielführer Fritz Walter spielt unbeeindruckt weiter. Wiederum nur zwei Minuten später ist es so weit: der Nürnberger Morlock schießt zum Anschlußtreffer ein. 

Mit aller Kraft segelt er durch den Strafraum der Ungarn und kann so dem Ball den Weg ins rechte Eck bereiten. "Gott sei Dank! Es steht nur noch 2:1. Und das sollte uns Mut geben" der Kommentar Zimmermanns. 

Die deutschen Angriffsbemühungen ebben nicht ab und finden ihren Lohn in der achtzehnten Spielminute. 

Fritz Walter führt einen Eckball aus, den Helmut Rahn, bei Rot-Weiß Essen unter Vertrag, nach Direktabnahme in den Maschen des ungarischen Tores versenkt.

Doch es läuft eine Angriffswelle der Ungarn nach der nächsten. Bisher aber ohne nennbaren Erfolg. Halbzeit im Wankdorf- Stadion.

 
 Zweite Halbzeit
 

In der zweiten Halbzeit das gewohnte Bild: Favorit Ungarn kommt ein ums andere Mal gefährlich vor das deutsche Tor. Doch der Düsseldorfer Fortune Anton ("Toni") Turek hat einen guten Tag. Kein Schuß erreicht das von den Ungarn gewünschte Ziel. "Teufelskerl" und "Fußballgott" werden in diesen Minuten neue Beinamen Tureks - Zimmermann ist außer Rand und Band. Doch die Angriffe der Ungarn wollen kein Ende nehmen. Sie sind drückend überlegen und die erneute Führung scheint logische Konsequenz des Spielverlaufs. Seine Hörerschaft zu Hause vor den Radioapparaten fordert Zimmermann auf, die Daumen zu drücken, "auch wenn Sie sie zerdrücken".

 
Weiter regnet es im Wankdorf- Stadion. "Unaufhörlich prasselt der Regen hernieder." Die Ungarn haben ihre Angriffsbemühungen längst nicht eingestellt. 

Sechs Minuten vor Spielende sieht Reporter Zimmermann immer wieder den rechten Läufer der Ungarn. "Bozsik, immer wieder Bozsik der rechte Läufer der Ungarn hat den Ball - verloren, diesmal an Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball - abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt... Toooor! Toooor! Toooor! Toooor!" Die 84. Spielminute. Das Spiel hat sich unerwartet gewendet - nun führt Außenseiter Deutschland. 

"Drei zu zwei  führt Deutschland fünf Minuten vor dem Spielende. Halten Sie mich für verrückt, halten Sie mich für übergeschnappt. Ich glaube, auch Fußball- Laien sollten ein Herz haben und sollten sich an der Begeisterung unserer Mannschaft und an unserer eigenen Begeisterung mitfreuen und sollten jetzt Daumen halten. Viereinhalb Minuten Daumen halten in Wankdorf. Drei  zu zwei führt Deutschland nach dem Linksschuß von Rahn, der flach im linken Eck einschlug [...] Drei zu zwei für Ungarn - für Deutschland - ich bin auch schon verrückt, Entschuldigung! [...] Und die Ungarn, wie von der Tarantel gestochen, lauern die Puszta- Söhne, drehen jetzt den siebten oder zwölften Gang auf, Und Kocsis flankt - Puskas abseits - Schuß - aber nein, kein Tor! Kein Tor! Kein Tor! Puskas abseits." Fast der Ausgleich für die Ungarn.

 
 Ungarn aus dem Häuschen
 

Die letzten Minuten mit Herbert Zimmermann: "Fritz Walter zu Schäfer. Schäfer in Rechtsaußenposition. Könnte nach innen flanken. Schießt! Aber er schießt an das kurze Außennetz. Es gibt Abschlag vom Tor der Ungarn. Vielleicht lässt der Schiedsrichter auch nachspielen, wegen der einen oder zwei Verletzungen, die passiert sind. Die Ungarn sind völlig aus dem Häuschen. Deutschland ist wieder im Ballbesitz. Rahn hat den Ball bekommen. Rahn spielt zu Fritz Walter. Ball verfehlt. Puskas am Ball im Mittelkreis - aber Eckel springt dazwischen - hat abgewehrt. 

 

Die ganze deutsche Mannschaft setzt sich ein - mit letzter Kraft, mit letzter Konzentration. Ottmar Walter fällt hin. Boszik an zwei Deutschen vorbei - jetzt haben die Ungarn eine Chance - spielen ab zum rechten Flügel - Czibor - jetzt ein Schuß! Gehalten von Toni! Gehalten! [...] Die Ungarn erhalten einen Einwurf zugesprochen. Der ist ausgeführt - kommt zu Boszik - aus!

Der 'Lauterer Liebrich rettet vor Puskas.

Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister. Schlägt Ungarn mit drei zu zwo Toren im Finale in Bern." 

 
 Deutschland völlig aus dem Häuschen
 

Nachspiel in der Kabine: der Journalist Ludwig Maibohm konnte berichten, daß Herberger den Helden gegenübertrat, Fritz Walter tief in die Augen sah und dieser ein lautes Hipp- Hipp Hurra anstimmte. Maibohm weiter: "Dieser Händedruck mit dem klaren Blick in die Augen von elf Freunden".  

Die "Helden von Bern" nach dem Abpfiff.

Die erste deutsche Weltmeistermannschaft war geboren. Ihr sollten noch die deutschen Weltmeister von 1974 und 1990 folgen, doch die Dimension des Erfolges blieb bisher unerreicht. Nicht nur der Sporthistorie, sondern darüber hinaus der Entwicklung der jungen Bundesrepublik wird diesem WM- Gewinn große Bedeutung zugemessen. 

 

Als "Geburtsstunde der Republik" wird der Gewinn daher bezeichnet [lesen Sie mehr hierüber]. 

 
  

[impressum/ rechtliches] 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nach oben